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KindEssenz - Worauf es in der frühen Kindheit wirklich ankommt | Ein Angebot der Kinderarztpraxis Dres. med. Anna & Mathias Pirker | Interlaken

Bindung

Sicherheit durch verlässliche BeziehungenEine sichere Bindung ist eine der wichtigsten Grundlagen für langfristige psychische Gesundheit. Unter diesem Begriff versteht man das Vorhandensein einer vertrauensvollen Beziehung zwischen dem Kind und der Betreuungsperson.

Ein Kind kann selbstverständlich zu verschiedenen Bezugspersonen eine sichere Bindung aufbauen. Allerdings werden diese Bezugspersonen vom Kind mit einer Art Rang ausgestattet – oft belegt jene Bezugsperson, die am meisten Zeit mit dem Kind verbringt den ersten Platz auf der Rangliste, gefolgt von den anderen Bezugspersonen, abhängig davon, wie intensiv deren Beziehungen zum Kind sind. Dieser Umstand erklärt, warum es oft für Väter schwierig ist, das Kind zu betreuen in Anwesenheit der Mutter. Das Kind wünscht sich in dieser Situation die Mutter zur Befriedigung seiner Bedürfnisse und verleiht diesem Umstand oft auch unmissverständlich Ausdruck, was regelmässig zu Frustration bei beiden Eltern führen kann. Die Mütter wünschen sich eine Beteiligung der Väter bei der Kinderbetreuung und die Väter sind verständlicherweise enttäuscht, da sie in dieser Konstellation chancenlos sind, es auch nur jemandem der Anwesenden recht zu machen. Wenn aber die Mütter abwesend sind, dann funktionieren die Väter-Kinder-Gespanne meistens ausgezeichnet. Und die Erfahrungen, die Kinder mit ihren Vätern machen, sind sehr wertvoll, da sie vom Charakter her oft anders sind als jene Erfahrungen, die sie mit den Müttern machen.

Es ist deshalb sehr unterstützenswert, den Vätern genügend Möglichkeiten für die Betreuung ihrer Kinder einzuräumen und unsere Gesellschaft täte gut daran, alte Rollenmuster zu überdenken und aufzubrechen. Wie kann nun der Aufbau einer sicheren Bindung gelingen? Hierfür braucht es die Fähigkeit, je kleiner das Kind ist, desto rascher auf seine Bedürfnisse zu reagieren. Konkret toleriert ein kleiner Säugling keinen Bedürfnisaufschub, er erlebt sich auch noch nicht als eigenständig sondern als Teil der Hauptbezugsperson.

Wenn die Eltern selbst in ihrer Kindheit eine sichere Bindung aufbauen konnten, gelingt ihnen die adäquate Betreuung ihres Säuglings meist intuitiv, sie müssen also gar nicht nachdenken, was nun zu tun ist, sondern sie fühlen sich kompetent im Umgang mit ihrem Säugling und spüren nach einer mehr oder weniger langen «Kennenlernphase», was dieser braucht. Auch laufen sie nicht Gefahr, ihren Säugling in einen allzu grossen Stress geraten zu lassen, da sie selbst sein Schreien schlecht aushalten und sofort darauf reagieren.

Eltern, die selbst nicht das Glück hatten, in ihrer Kindheit eine genügend gute Betreuung erfahren zu haben, erleben bei der Betreuung ihrer eigenen Kinder oft Unsicherheiten und Insuffizienzgefühle. Sollten Sie sich zu dieser Gruppe zählen, so suchen Sie sich Hilfe bspw. beim Kinderarzt oder anderen Fachstellen. Es gibt immer die Möglichkeit, sicherer zu werden im Umgang mit den eigenen Kindern und es ist auch kein Grund, sich dafür schämen zu müssen, sondern es gibt eine neurobiologische Grundlage für diese Unterschiede, wie leicht einem die Kinderbetreuung fällt oder eben nicht und dafür trifft einen keine Schuld.

Je grösser das Kind wird, desto eigenständiger will es sein. Nun braucht es von den Eltern viel Fingerspitzengefühl, wann sie das Zepter übernehmen und wann der Nachwuchs. So sollte es täglich genügend Zeiteinheiten geben, wo das Kleinkind selbstbestimmt spielen kann und dabei auf die Unterstützung durch die Eltern zählen darf, sofern es diese braucht und einfordert. Andererseits sollen und müssen die Eltern nun auch erwarten, dass das Kleinkind seine Wünsche nicht immer unmittelbar erfüllen kann. Dies ist ein langer Lernprozess, der von beiden Seiten viel Energie und Geduld erfordert, der sich aber auf jeden Fall bezahlt machen wird. Verpassen die Eltern diesen Prozess – oft aus der irrigen Annahme, schlechte Eltern zu sein, wenn sie dem Kind auch mal etwas verbieten oder nicht jeden Wunsch sofort erfüllen – so wird das Kind später darunter leiden. Es wird ihm schwerer fallen, sich in Gruppen zu integrieren und sich an Regeln zu halten, alles elementare Fähigkeiten für den späteren Kindergartenbesuch.


Quelle: Grossmann und Grossmann: Bindungen – das Gefüge psychischer Sicherheit.

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